Mit Druck auf den Ohren geht es vom Nyikahochplateau wieder runter auf 500 Meter über dem Meer. Auf den ersten 50 Kilometern nehmen wir Blessing, unseren Guide vom Gamedrive, mit, der nach 48 Tagen im Dienst nun 12 Tage frei hat und zur Familie fährt.
Weil wir von der Hauptstraße abfahren und ihn die 8 Kilometer direkt bis zur Haustür fahren, ist er schon um 9 Uhr morgens zu Hause. Nur sind weder Frau noch Kinder da, die ihn erst frühestens zum Lunch erwartet haben. Blessings Haus ist ein sorgsam gebautes Ziegelhaus mit einigen klassischen Nebengebäuden – Küche, Vorratsgebäude, Gebäude für die Eltern – auf gestampften Lehmboden, auf den Hühner picken, wenn sie nicht gerade ins Haus flattern. Rasch werden die guten Stühle für uns raus gebracht -dunkles, schweres Holz mit blau-grau-braunem Polster. Blessing versucht seine Frau zu finden, die er uns auf jeden Fall noch vorstellen möchte. Auch wenn uns etwas die Zeit drückt, weil wir einen sehr langen Fahrtag vor uns haben, warten wir. Alles andere wäre unhöflich. Immer wieder läuft Blessing Richtung Feld und Garten, versucht es per Telefon, bis er endlich mit einer liebenswürdigen, etwas schüchternen Frau mit Spinat in der Hand zurück kommt und uns seine Bernadette vorstellt. Die Einladung zum Lunch schlagen wir dann aber aus. Es ist ja noch keine 10 Uhr morgens. Außerdem müssen wir in Mzuzu einen Geldautomaten finden, der Mastercard akzeptiert. Ingos Visakarte spuckt kein Geld mehr am Automaten aus: die Karte ist gehackt worden und in Chicago hat damit jemand lustig bezahlt. 300 Dollar hat uns das gekostet. Aus Sicherheitsgründen hatte Visa wegen der Unregelmäßigkeiten die Karte gesperrt. Aber der nette Mann der Betrugsstelle von Visa schaltet bei Anruf die Karte auch wieder für ein paar Minuten frei, wenn’s notwendig ist. Bislang läufts aber mit der Mastercard.

Wir fahren dann wieder die Strecke entlang des Malawisees nach Süden und schaffen es bis zu einem Campsite am Nkhotakota Wildreservat. Das verkürzt den kommenden Fahrtag. Der Campsite ist neu, aber nicht schön zwischen Sträuchern und Gebüsch. Sechs junge nette Amerikaner sind unsere Nachbarn, die aus allen Ecken Malawis herbeigefahren sind, und sich hier ein gemeinsames Wochenende machen. Sie arbeiten alle für eine amerikanische NGO – als Lehrer oder in Nationalparks.







Weil wir auf der Fahrt nach Norden keine Zeit hatten, besuchen wir auf der Rückfahrt die außergewöhnliche Mua-Mission. Gegründet 1927 von den ersten drei „weißen Vätern“ – die allerdings nicht wegen ihrer Hautfarbe, sondern wegen der weißen Kutten so genannt wurden – hat sie sich durch das Engagement eines kanadischen Priesters in einen außergewöhnlichen Ort zur künstlerischen und kulturellen Auseinandersetzung mit der Malawischen Geschichte entwickelt. Jedes Gebäude, innen und außen, ist bemalt. Nach eigener Aussage gibt es hier das einzige Kulturmuseum in Malawi. Außerdem gib es eine Künster- und Handwerkerwerkstatt und ein Kunstmuseum. Das Kulturmuseum widmet sich nicht nur der Geschichte der Mission, sondern beschreibt auch die wichtigsten kulturellen Merkmale der verschiedenen Volksgruppen. Beeindruckend ist die Sammlung der rituellen Masken. Es gibt sogar eine, die Papst Benedikt symbolisiert, weil er die Einbindung traditioneller Bräuche in den Gottesdienst verboten hatte. Aber genau diese kulturelle Auseinandersetzung mit den eigenen traditionellen Riten und dem christlichen Glauben ist in dieser Missionsstation selbstverständlicher und selbstbewusster Teil eines lebendigen Glaubens.

Nachmittags erreichen wir dann Bushmans Baobab – unser Camp vor den Toren des Liwonde Nationalparks. Ehrlicherweise bin ich etwas genervt. Ich hatte mit nach den Beschreibungen und Erzählungen mehr vom Camp erwartet. Und ehrlich: Nach den unfassbaren Erlebnissen auf dem Zambezi oder im Luangwa – was soll da noch kommen?
Gefahrene Kilometer: 762 an zwei Tagen